Die MRC Young Guns sind mit Sicherheit eines der spannendsten und sinnvollsten Projekte in der deutschen Mountainbike-Szene. Das von Patrick Neukirchen vor einigen Jahren ins Leben gerufene Team hat es sich auf die Fahnen geschrieben, talentierten und ambitionierten Nachwuchsfahrern unter professionellen Bedingungen die nächsten Schritte ihrer Downhill-Karriere zu ermöglichen. Wir haben uns in Willingen mit dem MRC Young Guns-Fahrer Felix Krüger getroffen und sein Saracen Myst Carbon näher unter die Lupe genommen.
Felix Krüger fährt seit 2015 für die MRC Young Guns und geht aktuell in der Pro Youth U17-Kategorie an den Start. Bereits im vergangenen Jahr konnte Felix mit diversen Podium-Platzierungen beim German und European Downhill Cup auf sich aufmerksam machen. Neben Felix bestehen die MRC Young Guns in dieser Saison aus Jacques Bouvet und Simon Weber (beide Elite), Till Ulmschneider (Pro Youth U19) und Patrick Neukirchen, der als Team-Manager und Pro Masters-Fahrer in Personalunion auf den Downhillstrecken Deutschlands und Europas anzutreffen ist.
Das Arbeitsgerät der MRC Young Guns ist das Saracen Myst Carbon, das das Team nicht nur durch die sehr guten Fahreigenschaften, sondern auch das geringe Gewicht überzeugt. Gerade einmal 15,6 kg Gewicht bringt das Myst von Felix auf die Waage – kein Wunder, dass die MRC Young Guns so schnell unterwegs sind. Nicht nur der bildhübsche Rahmen, sondern auch der Rest des Bikes kann sich durchaus sehen lassen. Vorne verrichtet eine Rock Shox Boxxer World Cup mit Charger-Kartusche die Arbeit, hinten sorgt ein FAST Holy Grail-Dämpfer für die nötige Kontrolle.
MTB-News.de: Hey Felix! Erzähl unseren Usern doch bitte zunächst einmal, mit wem sie es beim heutigen Bike Check zu tun haben.
Felix Krüger: Mein Name ist Felix Krüger, ich bin 16 Jahre alt und fahre nun meine zweite Saison für die MRC Young Guns. Wenn ich nicht gerade auf meinem Rad sitze, gehe ich entweder zur Schule oder halte mich im Fitnessstudio oder durch Dehnübungen fit. Downhill fahre ich mittlerweile seit ungefähr vier Jahren – aktuell in der Pro Youth U17-Kategorie.
Wie ist der Kontakt zu den MRC Young Guns zustande gekommen?
Vor zwei Jahren habe ich in Serfaus-Fiss-Ladis die internationalen Rookies Championships in meiner Kategorie gewonnen und wurde von Patrick, meinem jetzigen Teamchef, gefragt, ob ich Lust hätte, mit den Young Guns gemeinsam zum letzten EDC des Jahres nach Leogang zu fahren. Die Chemie hat von Anfang an gestimmt, sodass ich im darauf folgenden Jahr offiziell für die MRC Young Guns gefahren bin.
Letztes Jahr warst du die ganze Saison lang auf der Aluminium-Variante des Saracen Myst unterwegs, seit diesem Jahr nun auf der Carbon-Version. Inwiefern unterscheiden sich die beiden Bikes?
In Sachen Geometrie hat sich im Prinzip nichts verändert. Das Fahrrad ist relativ lang und dadurch gut geeignet für schnelle Strecken, die im EDC an der Tagesordnung sind. Der riesige Unterschied ist das Gewicht: Der neue Rahmen ist über 500 Gramm leichter geworden. Der Hinterbau beim Carbon-Rahmen ist relativ weich und flext in schnellen Kurven etwas mehr als der Vorgänger. Das finde ich aber nicht negativ für’s Fahrgefühl – im Gegenteil.
Bist du das neue Rad im direkten Vergleich zur alten Variante gefahren?
Im direkten Vergleich leider nicht. Mit dem neuen Rad lässt es sich aber auf jeden Fall wesentlich leichter an Wurzeln und vor Steinfeldern abziehen. Das liegt vor allem am geringeren Gewicht.
Wie würdest du allgemein dein Saracen beschreiben?
Das Saracen Myst Carbon ist definitiv ein richtiges Race Bike. Sprich: Auf langsamen Strecken und in engen Kurven merkt man durchaus den ziemlich langen Radstand und die flache Geometrie. Sobald die Strecke jedoch etwas steiler und anspruchsvoller wird, funktioniert das Rad meiner Meinung nach extrem gut.
In euren Teamrädern sind vorne konsequent Rock Shox Boxxer World Cup-Gabeln verbaut, am Heck fahrt ihr ausnahmslos den FAST Suspension Holy Grail-Dämpfer. Generell ist das richtige Fahrwerksetup ein viel diskutiertes Thema. Wie gehst du dabei vor?
Wir waren als Team zu Beginn des Jahres in Bozen, um einige Tage lang das optimale Setup für unseren Fahrstil zu finden. Angefangen habe ich mit einem neutralen Setup, sprich: Luftdruck eingestellt und anschließend Rebound und Compression genau in die Mitte, also auf neun von 18 Klicks, gedreht. Mit diesem Setup habe ich einige Abfahrten gemacht. Danach haben wir die Compression komplett geschlossen und wieder ein paar Abfahrten gemacht. Das war wie zu erwarten ein sehr krasses Fahrgefühl, weil die meisten Schläge fast ungefiltert über die Vorderradfelge an meine Hände weitergeleitet worden sind. Im nächsten Schritt haben wir die Compression komplett geöffnet und mehrere Abfahrten gemacht.
Dieses Vorgehen hat dabei geholfen, ein besseres Gefühl für die einzelnen Einstellmöglichkeiten zu entwickeln. Danach sind wir wieder zum „neutralen“ Setup zurückgekehrt und haben dieses dann in kleinen Schritten so lange angepasst, bis ich zufrieden war. Beim Dämpfer sind wir genau gleich vorgegangen. Je nach Strecke variiere ich mein Setup, allerdings nur in sehr kleinen Schritten. Aktuell liegt mein Grundsetup in der Federgabel bei acht Klicks Compression, 100 psi Luftdruck und sieben Klicks Rebound, dazu einen Token. Am Shimstack haben wir letztes Jahr bereits etwas rumexperimentiert. Am Holy Grail-Dämpfer von FAST Suspension muss ich gar nicht so viel rumexperimentieren, weil jeder dieser Dämpfer genau auf den Rahmen und die Federkennlinie optimiert wird. Von daher hat der Dämpfer von Anfang an extrem sensibel angesprochen und gut in meinem Saracen Myst Carbon funktioniert.
Du hast eben erwähnt, dass du dein Fahrwerk je nach Strecke etwas anpasst. Machst du die Änderungen alle vor Beginn des Rennwochenendes oder beispielsweise auch unmittelbar vor dem Rennlauf?
Vor dem Rennlauf verändere ich mein Fahrwerk auf keinen Fall. Wenn ich mein Fahrwerk kurz vor dem Rennlauf härter abstimme, fühlt sich die Strecke plötzlich komplett anders an und man muss auf die Veränderungen wirklich vorbereitet sein. Deshalb verändere ich mein Setup unmittelbar vor dem Rennlauf nicht. Zum Rennwochenende passe ich mein Setup etwas an. Die Veränderungen halten sich aber in Grenzen.
Justin Leov hat vor kurzem in einem Interview mit uns beschrieben, wie er sein optimales Setup findet. Ein wichtiger Punkt für ihn war, dass der Sag vorne und hinten identisch ist, damit das Fahrrad ausbalanciert ist. Was hältst du von diesem Ansatz?
Ehrlich gesagt weiß ich gar nicht genau, welchen Sag ich vorne und hinten genau fahre. Meine Gabel ist aber auf jeden Fall straffer abgestimmt als mein Dämpfer. Hinten fahre ich aktuell eine 350 lbs-Feder und relativ viel Compression, wobei ich wohl bald eine 375 lbs-Feder ausprobieren werde. Wenn man sich beim berühmten Parkplatz-Test auf mein Rad setzt, denkt man sich wahrscheinlich „Wow, die Gabel fühlt sich wirklich gut an! Der Dämpfer ist aber ziemlich träge …“. Das stimmt auch, aber sobald man das Rad bergab fährt, ist der Dämpfer extrem sensibel und aktiv. Dann fühlt sich mein Fahrwerk auch entsprechend ausbalanciert an. Deshalb achte ich auch nicht drauf, dass der Sag beim Messen in der Ebene identisch ist, sondern gehe hier ein Stück weit nach meinem Gefühl.
Inwiefern unterscheidet sich dein Fahrwerk von dem deiner Teamkollegen?
Ich bin der einzige in unserem Team, der nur einen Token in der Gabel fährt – alle anderen haben mehr Volumenspacer eingebaut und fahren insgesamt ein härteres Setup, vor allem Jacques. Bei ihm muss man allerdings auch bedenken, dass er bis vor kurzem noch zusammen mit Wyn Masters in einem Team gefahren ist und sich wohl auch ein Stück weit an dessen Setup orientiert hat. (lacht)
Lass uns mit deinem Cockpit fortfahren. Beschreib doch bitte dein Setup!
Ich fahre einen 770 mm breiten Gamut Cillos-Lenker mit 20 mm Rise und dazu den passenden Gamut Cillos Direct Mount-Vorbau. Der Vorbau bietet drei verschiedene Längen – ich fahre ihn in der kürzesten Einstellung mit 45 mm Länge. Den Lenker habe ich von 800 mm auf 770 mm runtergekürzt. Das ist natürlich etwas Geschmackssache. Ein zu breiter Lenker fühlt sich zu träge und unangenehm an. Ein zu schmaler Lenker hingegen ist bei hohen Geschwindigkeiten zu nervös. 770 mm sind für mich beim Lenker die optimale Breite.
Experimentierst du hin und wieder mit anderen Lenkerbreiten, anderen Vorbaulängen oder sogar einem größeren Rahmen?
Während der Saison eigentlich nicht. Hin und wieder fahre ich mal auf den Bikes von meinen Teamkollegen Till und Simon, die das Saracen Myst Carbon in Größe L fahren. Mir selbst passt aber der Rahmen in Größe M am besten. Einen schmaleren Lenker will ich auf keinen Fall. Den Vorbau fahre ich in der kürzesten Einstellung, damit ich mich etwas besser auf dem Rad bewegen kann und beim Fahren nicht so sehr nach vorne gebeugt bin.
Was an deinem Rad auffällt: Du fährst keinen Spacer unter deinem Vorbau, dazu einen Lenker mit relativ wenig Rise – und das Steuerrohr deines Saracens ist auch nicht besonders lang. Wieso fährst du so ein niedriges Cockpit?
Das kommt auch immer ein wenig auf die Strecke an. Im Prinzip ist eine höhere Front auf steileren Strecken angenehmer zu fahren. Hier in Willingen ist die Strecke eher flach und mir persönlich liegt eine niedrigere Front mehr, weil ich dann mehr Druck auf’s Vorderrad bekomme. Das ist aber auch ein Stück weit Gewohnheit. Auf steileren, schnelleren Strecken wie zum Beispiel Schladming würde ich allerdings einen Spacer unter die Gabelkrone setzen, damit die Front etwas höher kommt.
Ein weiterer, sehr wichtiger Punkt sind die richtigen Reifen. Was ist hier deine bevorzugte Wahl?
Aktuell habe ich vorne einen Maxxis High Roller II und hinten einen Maxxis Minion DHR II montiert – beide in der 3C-Reifenmischung und tubeless. Je nach Strecke variiere ich aber bei den Reifen. Wenn die Strecke beispielsweise viele offene, schnelle Wiesenkurven hat, montiere ich auch vorne einen Minion DHR II. Im Vergleich zum High Roller II hat der Reifen nämlich etwas stabilere Seitenstollen, die dann mehr Grip bieten. Ist die Strecke hingegen sehr weich und staubig oder matschig, greife ich gerne zum Maxxis Shorty. Unabhängig vom Reifen fahre ich vorne und hinten eigentlich immer einen Reifendruck von 1,8 Bar und passe den dann gegebenenfalls etwas an. In Spicak beispielsweise fahre ich mit etwas mehr Luft in den Reifen, weil die Strecke sehr steinig ist. Auf dem weichen Ilmenauer Waldboden hingegen lasse ich ein wenig Luft ab.
Dein Drivetrain kommt komplett aus dem Hause SRAM – du fährst die X01 DH-Gruppe. Wie zufrieden bist du damit?
Beim Antrieb fahre ich sozusagen das Standard-Setup – allerdings im positiven Sinn. Meine Schaltung funktioniert absolut zuverlässig und stressfrei, was wohl das größte Kompliment ist, das man einer Schaltung machen kann. Hinten fahre ich die kleine Downhill-Kassette mit sieben Gängen, dazu ein Kettenblatt mit 36 Zähnen. Von den Abstufungen macht die Siebenfach-Schaltung bislang keinerlei Probleme. Von daher bin ich mit der Schaltung mehr als zufrieden.
Seit Anfang der letzten Saison bist du auf Klickpedalen unterwegs. Weshalb bist du von Flats auf Klicks umgestiegen?
Das hatte vor allem optische Gründe: Wenn man eingeklickt ist, vermeidet man die schönen Risse im Schienbein, die Flats hin und wieder hinterlassen. Spaß beiseite: Der große Vorteil von Klickpedalen ist natürlich, dass man sich in rauen oder wurzeligen Passagen weniger Gedanken machen muss – so kann ich mich einfach besser auf’s Fahren konzentrieren. Der Umstieg hat bei mir ungefähr zwei Monate gedauert, bis das Fahren mit Klickpedalen für mich absolut intuitiv war. Im Downhill-Weltcup sind mittlerweile gefühlt 98 % aller Fahrer auf Klickpedalen unterwegs. Andererseits: Sam Hill hat vor gar nicht so langer Zeit auf Flats einen Downhill-Weltcup gewonnen …
Mittlerweile ist es nahezu eine Sensation, wenn man einen Fahrer ohne GoPro oder einer anderen Action-Kamera am Helm antrifft. Nutzt ihr die Helmkamera-Aufnahmen auch zum Training?
Ja, definitiv – insbesondere auf den Rennen. Wir trainieren zwar häufig zusammen und unterhalten uns über unsere Linienwahl, aber schauen uns dann auch immer gemeinsam abends unsere GoPro-Aufnahmen an. So lassen sich einfach sehr gut die verschiedenen Linien und auch ein Stück weit die verschiedenen Zeiten vergleichen. Das kann schon sehr hilfreich sein, wobei natürlich jeder Fahrer letzten Endes seine eigene Linie finden sollte.
Du fährst erst seit vergleichsweiser kurzer Zeit Downhill. Wie schwierig ist es für dich, ein detailliertes Feedback zum Setup zu geben?
„Never change a running system“ – wenn mein Setup passt, dann verändere ich in der Regel auch erst mal nichts daran. Aktiv Downhill fahre ich seit zwei Jahren und konnte dementsprechend noch nicht so viele Erfahrungen sammeln. Ich würde mich also eher nicht auf eine Stufe mit Marcus Klausmann stellen (lacht). Aber klar: Hin und wieder experimentiere ich gerne rum und für mich gehört es zum Rennen fahren eben auch dazu, mich mit meinem Material und meinem Setup zu beschäftigen.
Last but not least: Wie sehen deine Pläne für diese Saison und deine langfristigen Ziele aus?
Das ein oder andere Podium wäre schön! Im GDC will ich das dieses Jahr auf jeden Fall erreichen, im EDC wird’s schon schwieriger. Abgesehen von den Platzierungen ist es mir natürlich auch wichtig, gesund und ohne Verletzungen zu bleiben. Ab der nächsten Saison dürfte ich dann theoretisch auch bei Weltcups an den Start gehen – mal schauen, ob und wann ich dieses Ziel erreiche!
Wir drücken dir jedenfalls die Daumen dafür – vielen Dank für das interessante Gespräch und die Vorstellung deines Bikes!
Weitere Informationen
Weitere Informationen: www.mrcyoungguns.de
Text & Redaktion: Moritz Zimmermann | 2016
Fotos: Moritz Zimmermann & Thomas Dietze
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